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Klimaneutralität: Strategie mit Tücken

Redaktion PSI Journal

Veröffentlicht am 22.08.2024

Immer mehr Werbeartikel­unternehmen engagieren sich für Klimaschutz und kommunizieren ihre Klimaneutralität. Wir nehmen das Konzept der Klimaneutralität unter die Lupe und zeigen, worauf es bei Klimaschutzmaßnahmen ankommt und wie erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation gelingt. Fazit: Eine individuelle Nachhaltigkeitsstrategie und professionelle Kommunikation bieten Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil.

Bereits in  der Juni- Ausgabe haben wir die neu beschlossenen EU-Verbraucherschutz-Regeln erläutert, die irreführendes Greenwashing und falsche Produktaussagen verbieten. Unternehmen können demnach nicht mehr behaupten, dass sie etwa klimaneutral oder umweltfreundlich sind, wenn sie es nicht nachweisen können. Auch die Werbeartikelindustrie muss sich mit dem Thema befassen, denn auch Hersteller, Importeure und Händler nutzen Green Claims in ihrer Markt- und Unternehmenskommunikation. Sie sollten überprüfen, ob ihre Aussagen den Forderungen der neuen Green Claims Directive entsprechen und überprüfbar und damit zulässig sind. Dies gilt auch für Aussagen und Briefings von Kunden, die im Rahmen von Kampagnen umgesetzt werden sollen.

Klimapolitik betrifft auch die Branche 

Viele Werbeartikelunternehmen haben den nachhaltigen Weg eingeschlagen, auf dem Klimaneutralität als wichtiger Meilenstein gesehen wird. Indem sie Klimaneutralität in ihrer Kommunikation nutzen, möchten sie zeigen, dass sie ihre Umwelt-Verantwortung ernst nehmen. Gerade weil Klimaneutralität in der Branche ein großes Thema ist und klimabezogene Claims auf dem Hintergrund der neuen Gesetzgebung problematisch werden können, sehen wir uns an, was Klimaneutralität bedeutet und wie das Konzept funktioniert, bewerten die Kritik daran und klären, wie Unternehmen es dennoch sinnvoll nutzen können. Ein objektiver Blick auf die spannende Klimapolitik-Diskussion kann Erkenntnisse, Einsichten und Inspiration für den Transformationsprozess vermitteln. 

Unternehmen müssen eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die über das bloße Kompensieren von Emissionen hinausgeht. Denn nur im Kontext sind Klimaschutz-Maßnahmen wirksam und glaubwürdig.
Foto: Adobe Stock, Summit Art Creations

Klimawandel als globale Herausforderung

Extremwetter, Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen nehmen rund um den Globus zu. Das enorme Ausmaß dieser Katastrophen zeigt uns der tägliche Blick in die Nachrichten. Der Klimawandel mit seinen Auswirkungen existiert also nicht mehr nur als Szenario, sondern ist Realität geworden. Die globale atmosphärische Kohlendioxidkonzentration ist seit 1750 (bis 2022) um etwa 50 Prozent gestiegen. Hauptursache hierfür ist die Nutzung fossiler Brennstoffe. Landnutzungsänderungen, etwa Rodungen von Wäldern, spielen dabei eine weniger prominente Rolle als allgemein angenommen, stellte das Umweltbundesamt (UBA) bereits 2009 fest. Die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen gehört also weltweit zu den dringlichsten Herausforderungen und kann nur gelingen, wenn Unternehmen aller Größen und Branchen auf der ganzen Welt mitarbeiten. 

Hohe Akzeptanz von Kompensationsmaßnahmen

Immer mehr Staaten verpflichten sich, auf die Ziele des Klimaabkommens hinzuarbeiten und kaum ein Unternehmen, das sich nicht als klimafreundlich positioniert – auch wenn das nicht immer nachprüfbar ist. Auch im Alltag der deutschen Verbraucher ist das Thema Klimaverantwortung angekommen. Wie aus einer aktuellen Studie des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) hervorgeht, genießen CO2- Kompensationen eine vergleichsweise hohe Akzeptanz: 60 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben schon einmal freiwillig ihre CO2-Emissionen kompensiert, 70 Prozent möchten sogar noch mehr kompensieren. Dies dürfte auch ein Signal für Unternehmen sein, dass ihre Angebote und Anstrengungen honoriert werden. Interessant: Bereits im Preis enthaltene Kompensationen sind deutlich populärer als eine freiwillige Kompensation gegen Aufpreis. Anbieter sind demnach gut beraten, ihren umweltbewussten Kunden die Kompensationsentscheidung abzunehmen. Auch wenn sich die Ergebnisse der NIM-Studie auf den Endkundenmarkt beziehen, sind die eruierten Tendenzen durchaus auch für Unternehmen relevant. Der größte Teil der Zertifikate wird ohnehin von Unternehmen und Organisationen erworben, nur 14 Prozent der Nachfrage lässt sich Verbrauchern zuordnen, wie Marktbeobachtungen des Umweltbundesamts (UBA) ergaben. 

Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren, muss laut Klimaabkommen oberste Priorität haben. Erst dann kommt Kompensation ins Spiel. Damit ein Unternehmen den CO2-Ausgleich nachweisen kann, muss es ein Emissionszertifikat kaufen und dann im Register ausbuchen. Damit werden Klimaschutzprojekte finanziert.
Foto: Adobe Stock, Dirk

CO2-Ausgleich als Sofortmaßnahme

Deutschland muss bis 2045 per Gesetz Treibhausgasneutralität erreichen. Was nicht alle im Blick haben: Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren muss laut Klimaabkommen oberste Priorität haben. Die Kompensation klimaschädlicher Aktivitäten soll erst dann infrage kommen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Das ist uns aber nicht immer bewusst oder wird von Anbietern gern verschwiegen, auch wenn es der SBTI-Net-Zero-Standard (Science Based Targets initiative) ausdrücklich so formuliert. Gleichzeitig räumt der Standard ein, dass der CO2-Ausgleich eine entscheidende Rolle spielt, um Net-Zero-Emissionen auf globaler Ebene schneller zu erreichen. Der CO2-Ausgleich ist für Unternehmen als sofortiger Klimaschutz als auch als langfristige Maßnahme über die eigene Wertschöpfungskette hinaus geeignet, um Restemissionen zu neutralisieren, Kohlenstoffsenken zu stärken und die Natur wiederherzustellen. Zudem ist er eine wichtige Finanzquelle für den Klimaschutz und verhilft lokalen Gemeinschaften auf der ganzen Welt zu besseren Lebensbedingungen – so wirbt ClimatePartner für seine Projekte. Der CO2-Ausgleich als freiwillige Maßnahme von Unternehmen, die ihre verursachten Restemissionen ausgleichen, ist aber weder Allheilmittel noch Sorglos-Paket. 

Verlässliche Informationen nicht selbstverständlich

Wie der Kompensationsmarkt funktioniert, haben wir recherchiert unter anderem bei ClimatePartner, einem prominenten Anbieter von Klimaschutzprojekten weltweit, die unterschiedliche Technologien zur Reduktion und Vermeidung von CO2-Emissionen nutzen. Auch das Start-up Senken, nach eigenen Angaben die weltweit erste Handelsplattform für Emissionszertifikate, bietet eine informative Website mit Blog und Glossar. Der WWF, der zusammen mit verschiedenen NGOs das nach strengen Kriterien aufgebaute Siegel Gold-Standard entwickelt hat, liefert ebenfalls brauchbare Informationen. Der Gold-Standard vereint Emissionsreduktionen mit den UN-Nachhaltigkeitszielen, um die Wirkung eines Projektes auf das Klima und andere Aspekte der Nachhaltigkeit abzuschätzen. In diesen und anderen Informationsangeboten ist natürlich auch das Eigeninteresse deutlich erkennbar. Wenn Anbieter von Kompensationsmaßnahmen eigene Siegel einsetzen, sollte man auf jeden Fall genau hinschauen. 

So funktioniert der CO2-Ausgleich

Emissionszertifikate werden über die Kompensationsmärkte gehandelt, die es in zwei verschiedenen Formen gibt: freiwillig und verpflichtend. Der CO2-Ausgleich wird in Tonnen Kohlendioxidäquivalenten (CO2e) gemessen. Sobald die Kohlenstoffeinsparung verifiziert wurde, schüttet ein Projekt Emissionszertifikate aus, die jeweils einer Tonne Kohlendioxid entsprechen. Ein Emissionszertifikat ist also äquivalent zu einer Tonne CO2, die nicht ausgestoßen wurde, bzw. der gleichen Menge anderer Treibhausgase, die durch ein Klimaschutzprojekt entfernt, reduziert oder vermieden wurden. Das ausgestellte Zertifikat wird in ein öffentliches Register eingetragen, das von einer unabhängigen Instanz wie Verra oder dem Gold Standard verwaltet wird. Damit ein Unternehmen den CO2-Ausgleich nachweisen kann, muss es das Emissionszertifikat kaufen und dann im Register ausbuchen. Dies dient zur Vermeidung einer Doppelzählung. 

Komplizierter Kompensationsmarkt

Der freiwillige CO2-Kompensationsmarkt (VCM) ist ein Mechanismus, der es Unternehmen und Einzelpersonen ermöglicht, CO2-Zertifikate zu kaufen, um ihre Emissionen zu neutralisieren. Er funktioniert unabhängig vom regulierten CO2-Kompensationsmarkt. Dieser ist Teil von Regulierungssystemen wie dem EU-Emissionshandelssystem, das Industrien mit hohen Emissionen (etwa Mineralölindustrie) gesetzlich verpflichtet, ihre CO2-Emissionen zu verwalten und zu neutralisieren. Im Gegensatz dazu zielt der freiwillige Kompensationsmarkt auf Unternehmen ab, die nationale Netto-Null-Ziele erreichen, ihr Markenimage verbessern oder sich auf bevorstehende Regulierungen vorbereiten wollen. Die Stilllegung des Zertifikats ist der Prozess, bei dem ein CO2-Zertifikat dauerhaft aus dem Verkehr gezogen wird, nachdem es verwendet wurde, um Emissionen zu kompensieren oder zu neutralisieren. Diese Aktion schließt den Kompensationsprozess ab und stellt sicher, dass das Zertifikat nicht wiederverwendet oder von einem anderen Unternehmen beansprucht werden kann. 

Standards sichern Effizienz und Qualität

Voraussetzung für effektive Kompensation ist die Anwendung von Standards, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Die wichtigsten Standards zur Steuerung der CO2- Neutralität umfassen das Greenhouse Gas Protokoll GHP (ein globales Rahmenwerk zur Messung und Verwaltung von GHG-Emissionen), PAS 2060 (Britische Normungsinstitutionen für CO2- Neutralität) und ISO 14064 (Internationaler Standard für die Quantifizierung und Berichterstattung von GHG-Emissionen und Negativ-Emissionen). Derzeit gibt es keine globale Regulierung, die CO2-Neutralität durchsetzt. Die korrekte Berechnung der auszugleichenden Emissionen ist der erste und grundlegende Schritt, wofür Emissionsrechner wie der anerkannte UBA-CO2-Rechner oder der WWF-Klimarechner zur Verfügung stehen. Berater und Agenturen stehen Unternehmen hierbei zur Seite. 

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor

Einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten ist das Eine, sein Engagement als Marketing-Instrument zu nutzen, die Kehrseite der Medaille, die ebenso viel Aufmerksamkeit erfordert. Laut der Management- und Strategieberatung Deloitte ist das Netto-Null-Engagement eine der stärksten Methoden, Stakeholdern zu zeigen, dass ein Unternehmen nachhaltig umweltbewusst ist. Auch Unternehmen selbst profitieren: Nachhaltige Unternehmen verzeichnen höhere Marktanteilsgewinne, wachsen durchschnittlich dreimal schneller als ihre Wettbewerber und erzielen eine höhere Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit. Neben der Umweltnachhaltigkeit sollen Netto-Null-Verpflichtungen außerdem grüne Investitionen und Finanzierungsmöglichkeiten ermöglichen, das finanzielle Wachstum fördern und Innovationen in nachhaltige Produkte und Dienstleistungen unterstützen. Umweltverantwortung in Richtung Netto-Null zu übernehmen, wird in allen Quellen als strategische Entscheidung gewertet, die viele Vorteile bietet und Unternehmen für Resilienz, Marktdifferenzierung und nachhaltiges Wachstum positioniert. Wichtig dabei ist, nichts dem Zufall zu überlassen, sondern gemeinsam mit Beratern, Agenturen und ggf. Stakeholdern ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln, das zum Unternehmen passen muss. Denn nur dann ist es authentisch und glaubwürdig. 

Gefahr von Greenwashing

Wer sich „grün“ zeigt, aber nur verdienen will, ohne dahinterzustehen, der ist im kritischen Bereich von Greenwashing angekommen. Wohin das führen kann, hat ganz aktuell ein Investigativ-Team des ZDF aufgedeckt: Ein Ölkonzern hat mit vorgetäuschten Klimaschutzprojekten in China im Wert von 1,7 Milliarden Euro versucht, seine gesetzlichen Klimaschutzvorgaben zu erfüllen. Dabei wurden bereits laufende und sogar rein fiktive Projekte als Kompensationsmaßnahmen angegeben. Im Zuge der laufenden Ermittlungen sind zudem Widersprüche bei der Arbeit von Prüfstellen aufgefallen. Leider kein Einzelfall, denn Betrug und zweifelhafte Machenschaften sind beim Klimaschutz nicht selten. Das führt uns der Negativpreis „Goldener Geier“ vor Augen, mit dem die DUH (Deutsche Umwelthilfe) jährlich die dreistesten Umweltlügen „auszeichnet“. 2024 waren unter anderem Kampagnen von Nestlé, DHL, Capri Sonne und Avia dabei. Das internationale Finanzunternehmen Trade Finance Global schreibt, dass die Fälle von Greenwashing in 2023 um 70 Prozent zugenommen haben. Daher auf dieser Seite oben  noch einmal eine Checkliste, die klima-engagierte Unternehmen aus dem Gefahrenbereich bringen kann.

Kritik am Ansatz von Klimaneutralität und CO2-Ausgleich

Ein brisantes Thema haben wir uns bis zum Schluss aufgehoben: Die grundsätzliche Kritik am Ansatz von Klimaneutralität und dem Konzept des CO2-Ausgleichs durch Kompensation. Hierzu haben unter anderem der Bundesverband Verbraucherzentralen, die Verbraucherzentrale NRW, das Umweltbundesamt (UBA) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gut begründete Statements veröffentlicht, auf die wir uns beziehen. Zwar geht es hier auch um die Verbraucherrelevanz, was aber die eigentliche Argumentation nicht berührt. Zudem können Unternehmen ebenso wie Verbraucher auf unseriöse Versprechen hereinfallen und in dubiose Projekte investieren. Der Begriff „klimaneutral“ auf Produkten ist nicht gesetzlich geschützt. Er signalisiert nur, dass ein Unternehmen für dieses Produkt Ausgleichszahlungen tätigt. Die Bedingungen für diese Ausgleichszahlungen sind aber nicht normiert oder vorgeschrieben. Es kann sowohl der ganze Lebensweg des Produktes oder aber nur der Herstellungsprozess im Unternehmen berücksichtigt worden sein. Zudem erlaubt der Begriff weder eine Aussage darüber, ob sich das Unternehmen um eine Reduktion anderer Umweltbelastungen bemüht (etwa Gewässerbelastungen) oder ob das Produkt selbst umweltfreundlich ist (beispielsweise energieeffizient in der Nutzung). Fehlende Transparenz ist hier das Stichwort, unter dem man einige der Kritikpunkte zusammenfassen kann. Die DUH hält Begriffe wie „klimaneutral“, „CO2-neutral“ oder gar „klimapositiv“ generell für irreführend und eine Täuschung zulasten des Klimas. Damit werde suggeriert, Produkte könnten ohne schädliche Klimaauswirkungen hergestellt werden. Tatsache ist, dass die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen immer mit Klimagasemissionen verbunden ist. 

Umstrittene Wege zur Klimaneutralität

Auch der Weg zur Klimaneutralität ist umstritten. Die DHU kritisiert grundsätzlich, dass Unternehmen in den Industriestaaten CO2 -Emissionen verursachen und durch den Kauf von Emissionsgutschriften für Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern kompensieren – obwohl oft nicht nachgewiesen wird, dass die Projekte dies auch tatsächlich leisten. Insbesondere die Kompensationswirkung von Waldschutz- bzw. Wiederaufforstungsprojekten wird häufig als zweifelhaft beurteilt, weil CO2 -Emissionen für eine sehr viel längere Zeit in der Atmosphäre verbleiben, als die Bindung von Kohlenstoff in Bäumen des Kompensationsprojekts es ausgleichen kann. Zudem ist der Handel mit Kompensationszertifikaten laut dem Bundesverband der Verbraucherzentrale intransparent und gesetzlich nicht reguliert. Tatsächliche Klimaneutralität ist nach wissenschaftlicher Auffassung nur auf globaler Ebene zu erreichen und auch in Zukunft nicht auf Ebene einzelner Produkte oder Unternehmen. Aber die vielen Label, die einzelnen Produkten oder Unternehmen „Klimaneutralität“ bescheinigen, erwecken genau diesen Eindruck, indem sie den globalen Aspekt unerwähnt lassen. Werbeaussagen mit „klimaneutral“ erwecken laut DHU den Anschein, dass alle negativen Auswirkungen kompensiert seien, was aber nicht der Fall ist. Dies führe dazu, dass Verbraucher diese Produkte allzu sorglos und sogar verstärkt nutzen, weil sie der irrigen Meinung sind, etwas für das Klima zu tun. Auch der nicht geschützte Begriff „klimapositiv“ gerät hier in die Schusslinie, der suggeriert, dass ein Produkt nicht nur keinen negativen, sondern einen positiven Einfluss auf das Klima hat. Soweit die Kritiker. 


Woran erkennt man seriöse Anbieter?

  • Sie stellen Vermeiden und Reduzieren immer über Kompensation.
  • Sie erfragen tatsächliche und individuelle Daten für die Berechnung.
  • Sie weisen unabhängige Prüfungen durch Dritte nach. 
  • Sie informieren kontinuierlich über das Projekt und geben detailliert Auskunft über Standort, Art, Ziele und Standard des Projekts und agieren transparent. 
  • Sie löschen die Zertifikate sofort und weisen dies nach. 

Echte Transformation als Lösungsweg

Alle kritischen Stimmen fordern die Verpflichtung von Unternehmen, Pläne zur Reduktion und Vermeidung der Emissionen vorzulegen, an die sie ihre Kernprozesse, Geschäftsabläufe und Geschäftsmodelle laufend anpassen und verbindliche Zwischenziele veröffentlichen. Hochwertige Klimaschutzprojekte finanziell zu fördern sei dennoch wichtig, um Klimaschutz global voranzubringen. Dieses Engagement sollte in der Kommunikation aber nicht mehr als Beitrag zum eigenen Netto-Null-Ziel, sondern als Beitrag zum Klimaschutzziel des Gastgeberlandes ausgewiesen werden.


Basiswissen Klimapolitik

Klimaneutralität
Der Begriff bedeutet, dass menschliches Handeln das Klima nicht beeinflusst. Eine klimaneutrale Wirtschaft setzt also entweder keine klimaschädlichen Treibhausgase frei oder die Emissionen werden vollständig ausgeglichen.

CO2-Neutralität
Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß von Kohlendioxid und der Bindung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in sogenannten Kohlenstoffsenken. Dies sind Systeme, die mehr Kohlenstoff aufnehmen, als sie abgeben. In der Natur sind dies vor allem Böden, Wälder und Ozeane. Werden sie geschädigt oder zerstört, etwa durch landwirtschaftliche Nutzung oder Abholzung, wird der gespeicherte Kohlenstoff wieder freigesetzt. Bezieht sich nur auf CO2, der Einfluss anderer Treibhausgase (Greenhouse Gas oder GHGs, etwa Methan usw.) wird hier nicht berücksichtigt.  

Negative Emissionen
Auch als Greenhouse Gas Removal (GGR) bezeichnet. Ansätze zur Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre. Negativemissionstechnologien umfassen natürliche und rein technische Ansätze, die mithilfe biologischer, physikalischer und chemischer Prozesse die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre reduzieren. Beispiele sind Direct Air Capture (DAC) und geologische Speicher. Als elementarer Bestandteil des Konzepts einer Treibhausgasbilanz von Netto-Null gewinnen sie zunehmend an Bedeutung in der Klimapolitik. 

Netto-Null-Ansatz
Eine größtmögliche Reduzierung der Emissionen von CO2 und Treibhausgasen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, wobei verbleibende Emissionen durch Negativ-Emissionen neutralisiert werden. Der digitale CO2-Marktplatz Senken beziffert den Anteil an unvermeidbaren Resteemissionen im Mittel auf rund 20 Prozent. Eine Kombination aus Vermeidungs- und Negativemissionsstrategien ist entscheidend für einen umfassenden Ansatz zum Klimawandel. 

Klimapositiv
So bezeichnen sich Unternehmen, die über Netto-Null hinausgehen, also mehr Treibhausgase entfernen als ausstoßen. 

Klimaabkommen von Paris
Wurde am 12. Dezember 2015 auf der Weltklimakonferenz beschlossen. Im Sinne der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verpflichteten sich 195 Staaten, den Klimawandel einzudämmen und die Weltwirtschaft klimafreundlich zu gestalten. Das Klimaabkommen bindet alle Staaten der Erde ein. Sie haben sich völkerrechtlich verpflichtet, einen nationalen Klimabeitrag und konkrete Schritte zu seiner Umsetzung zu erarbeiten. Über ihre Bemühungen müssen die Staaten regelmäßig berichten. Zur Umsetzung hat die EU 2019 den European Green Deal beschlossen. 

Die Hauptziele des Klimaabkommens:

  • Begrenzung der Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 °C zum vorindustriellen Stand (Mittelwert 1850-1900).
  • Senkung der Emissionen: In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts dürfen nicht mehr klimaschädliche Gase emittiert werden, als der Atmosphäre durch Kohlenstoffsenken (etwa Wälder) entzogen werden. Diese „Treibhausgas-Neutralität“ kann nur erreicht werden, wenn die Weltwirtschaft schnell und konsequent deutlich weniger Kohlenstoff freisetzt (Dekarbonisierung). Danach Senkung der Treibhausgas-Konzentration der Atmosphäre durch negative Emissionen. 
  • Die Anpassungsfähigkeit (Adaption) an ein verändertes Klima soll verbessert werden und die Widerstandsfähigkeit gegenüber den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels gestärkt werden.
  • Umlenkung der globalen staatlichen und privaten Finanzströme in nachhaltige Investitionen (langfristig).
  • Unterstützung von Entwicklungsländern bei Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel: finanziell und durch Technologie- und Wissenstransfer.


Fotonachweis Aufmacherbild: Adobe Stock, Piyaset. Athapet, Mikhail, Katherine