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Stickerei-Ausstellung „History in Fashion“

Julia Bernert

Veröffentlicht am 05.12.2019

Leipziger Grassi Museum zeigt 1500 Jahre Stickerei in einer überraschenden Bandbreite

Noch bis zum 29. März 2020 zeigt das renommierte Leipziger Grassi Museum für angewandte Kunst eine Sonderausstellung, die dem Thema Stickerei in Mode gewidmet ist. Die Kuratorin, Dr. Stefanie Seeberg, hat rund 130 historische Objekte ausgewählt, die größtenteils aus der hauseigenen und weitgehend unbekannten Textilsammlung des Museums stammen, und die zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Darunter befinden sich Fragmente aus altägyptischen Grabbeilagen genauso wie Arbeiten aus dem Mittelalter, des Barocks oder der „roaring twenties“. In jedem der thematisch arrangierten Ausstellungsräume finden sich aber auch zeitgenössische Exponate. So demonstrieren Teile aus aktuellen Kollektionen namhafter Modelabels, wie historische Stickelemente, heute noch immer als Inspiration für Designer wirken. Ein interessanter Bruch erfolgt in der Gegenüberstellung von jahrhundertealter, aufwändigster und kostbarer Handarbeit und billigst in Fern-Ost produzierter Massenware – Fast Fashion, die aber durch absichtlich industriell produzierte Stickfehler den Anschein einer individuellen Handarbeit erwecken soll.

Aufmerksamkeit erregt auch eine moderne schwarze Robe des Schweizer Luxuslabels Akris, die durch eingestickte LED Lämpchen zum Funkeln gebracht wird. Schon im nächsten Raum wird man belehrt, dass die allgegenwärtigen Themen Up- und Recycling beileibe keine Erfindungen unserer Zeit sind. Zu sehen sind Taufkleider aus dem 18. Jahrhundert, gefertigt aus Bett- und Tischwäsche. Diesen wiederum werden Arbeiten der Künstlerin Patricia Thoma gegenübergestellt, die Brautkleider aus Müllsäcken näht. Manchem Besucher wird dieser „Stoff“ – wenn überhaupt – erst bei genauerem Hinsehen auffallen, da diese Kleider durch aufwändiges Besticken und Versteppen sowie durch den Einsatz von Nerzkrägen eine spezielle Wertigkeit erfahren.

Die meisten der Ausstellungsräume sind eher spärlich beleuchtet, um die empfindlichen alten Stoffe, Garne und Materialien nicht zu schädigen. Der letzte Raum allerdings, die Orangerie des Gebäudes, erscheint bewusst offen und lichtdurchflutet und mit Blick in den wunderschönen Museumsgarten.

Hier werden die Arbeiten der Moderne präsentiert. In enger Kooperation mit der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle entstanden unter der Leitung von Prof. Bettina Göttke-Krogmann neue Ansätze zur Anwendung der heutigen Hand- und Maschinenstickerei. Die neun Studierenden der Fachrichtung Textildesign setzten sich hier sehr engagiert und kreativ, aber durchaus auch kritisch mit dem Thema Stickerei in der Mode auseinander.

Gefertigt wurden die Studien sowohl von Hand, wie auch auf handgeführten Nähmaschinen. Auch eine speziell für dieses Projekt vom Stickmaschinenhersteller ZSK aus Krefeld zur Verfügung gestellte Industriestickmaschine kam zum Einsatz.

Auch während der Ausstellung befindet sich eine dieser modernen Stickautomaten im Museum. Das Rahmenprogramm von „History in Fashion“ bietet zum Beispiel regelmäßig eine offene Werkstatt an. Magdalena Orland, M.A. Textilklasse der Burg Giebichenstein Halle, vermittelt hier einen Einblick in die Maschinen- und Handstickerei.

Abgerundet wird die Ausstellung durch einen aufwändig gestalteten Katalog, der Erklärungen und Fotos zu allen gezeigten Exponaten enthält.

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Fotos: Esther Hoyer, Grassi Museum Leipzig