Die Raubdruckerin: Umgekehrte Street Art auf Textilien
Veröffentlicht am 22.08.2020
„raubdruckerin“ ist ein experimentelles Druck-Grafik-Projekt, das Kanaldeckel, Gitterroste, technische Objekte und andere Oberflächen der urbanen Landschaft nutzt, um einzigartige Muster auf Textilien und Accessoires zu übertragen. Die Erforschung der Oberflächen von Städten ist Kern des Projekts. Die Künstlerin ist bei ihrer Arbeit auf der Suche nach übersehenen, scheinbar unbedeutenden Details auf dem Bodenbelag, die sich gedruckt als echte Stadtkunstwerke entpuppen. Ihr Werk zeigt Teile einer Stadt in einem neuen Kontext, voller Geschichten, Vielfalt und Kreativität. Die Menschen, die diese Abdrucke tragen, werden ein Teil des Projektes. Ihnen eröffnen sich Möglichkeiten, Schönheit dort zu entdecken, wo man sie nicht erwarten würde. Denn die Motive verändern den Blickwinkel und die Wahrnehmung der urbanen Umgebung.
Umgekehrte Street Art
Emma-France Raff bezeichnet ihre Arbeit und den Prozess des Abdrucks eines städtischen Details auf ein Shirt, einen Hoodie, eine Tasche oder Beutel als umgekehrte Street Art. Ein Teil der Stadt wird aus ihrem Ursprung herausgezogen und in einem anderen Kontext zu neuem Leben erweckt. Umgekehrt sind auch die gedruckten Motive, denn Schrift und Bilder erscheinen auf den Textilien spiegelverkehrt.
raubdruckerin wurde im Jahr 2006 gegründet. Emma-France Raff entwickelte das Konzept mit Kanaldeckeln zu arbeiten gemeinsam mit ihrem Vater, dem Maler Johannes Kohlrusch, in dessen Atelier im ländlichen Alentejo in Portugal. Zu der Zeit studierte sie Textildesign und machte gleich einige Testdrucke auf Stoff. Das Projekt war geboren. Unter dem Namen Estampatampa wurden die ersten „Raubdrucke“ auf dem „Festival Musicas do Mundo“ 2006 in der Stadt Sines präsentiert. Nach einer Projektpause griff die Künstlerin die Idee in Berlin, inspiriert vom unübersehbaren Reichtum der dortigen städtischen Strukturen, wieder auf und machte sie zu ihrem Hauptprojekt.
Unikate aus dem Atelier oder Online-Shop
Die Prints wurden zunächst auf ausgewählten Design-Märkten und Events angeboten. 2015 folgte dann die Eröffnung eines temporären Pop-up-Stores im hippen Berliner Nikolaiviertel, gemeinsam mit anderen jungen Designern. Aktuell sind die Arbeiten der Raubdruckerin in einem Gemeinschafts-Atelier in der Boddinstraße in Berlin zu sehen oder über diesen Online-Shop zu haben.
Raubdrucke aus viele Metropolen
Das Team um raubdruckerin ist in Berlin ansässig, beschränkt sich aber nicht auf diese Stadt, sondern besucht auch andere Metropolen, wie Amsterdam, Lissabon, Madrid und Paris. Reisen ist Teil des Konzeptes. Das Drucken im öffentlichen Raum ist wesentlicher Bestandteil und eröffnet Chancen für spontane Interaktion mit Passanten. Die Abhängigkeit von Wetter und Zeit macht das Projekt organisch. Eine gewisse Unperfektion, auch in den Druckergebnissen, ist gewollt und gehört dazu.
Nachhaltig low-tech gedruckt
Jeder Textildruck ist ein Unikat, das vor Ort im Stadtraum von Hand bedruckt, direkt an der entdeckten Struktur entsteht. Die Prints werden in einem Low-Tech-Druckverfahren hergestellt, bei dem außer Malerrolle und Farbe keine weiteren Materialien wie Druckplatten, Siebe oder andere Ressourcen gebraucht werden. Alle Produkte sind nachhaltig mit ökologischer, wasserbasierter Textilfarbe auf Textilien aus fair gehandelter Bio-Baumwolle gedruckt.
Dieses Video zeigt die Entstehung der Motive und die Drucktechnik.
Bilder und Video: raubdruckerin