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Lieferkettengesetz: Fallstrick für den Werbeartikel

Redaktion PSI Journal

Veröffentlicht am 16.04.2021

Eigentlich sollte es schon im Oktober des vergangenen Jahres als nationales Lieferkettengesetz beim Bundestag eingereicht sein. Die drei Minister Hubertus Heil (SPD), Gerd Müller (CSU) und Peter Altmeier (CDU) lagen sich aber monatelang in den Haaren. Ende Februar feierten sie dann den jetzt vorliegenden Entwurf als „historischen Durchbruch“. Allein das sollte die betroffene Wirtschaft stutzig machen. Hinzu kommt das Tempo, mit dem das Gesetz jetzt durchgepeitscht werden soll. Einen ganzen Tag hat man den Wirtschaftsverbänden zugestanden, sich eine Meinung zu bilden und diese kundzutun. Nicht nur der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V. (BGA) bezeichnete dies als inakzeptabel und verantwortungslos.

Nach dem Gesetzesvorhaben sollen ab Januar 2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten (ca. 600 Unternehmen) von den Auswirkungen des Gesetzes betroffen sein, ab Januar 2024 dann auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten (ca. 2.800 Unternehmen) in Deutschland. Nun könnte sich ja die Werbeartikelwirtschaft zurücklehnen, denn diese Unternehmensgrößen finden sich kaum in ihren Reihen. Das Vertrackte aber ist: Die vertragliche Weitergabe der Sorgfaltspflichten durch ihre Kunden belastet in jedem Fall aber die mittelständisch strukturierten Unternehmen der Branche.

Der Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft e. V. (GWW) und BGA mahnen dringend an, dass es in der Praxis kaum möglich sei, die Arbeits- und Umweltbedingungen aller Lieferanten auf den oft vielzähligen Stationen der Lieferkette zu überprüfen. Am Ende, so die Befürchtung, müssten also kleine und mittlere Unternehmen das schultern, was für die großen Konzerne gedacht war, so der GWW-Vorsitzende Frank Dangmann. Besonders die Werbeartikelwirtschaft mit ihrer riesigen Zahl an Artikeln scheint erheblich betroffen: Viele ihrer Hersteller haben oft mehrere Vorproduzenten in China, anderen Ländern Asiens oder des östlichen Europas. Bei einem umfangreichen Sortiment, wie es die Werbeartikelwirtschaft hat, müsste man tausende Stationen von Lieferketten im Blick haben. Vor diesem Hintergrund und der Weitergabe der Sorgfaltspflichten durch Industriekunden scheint dieses Gesetz für die Branche Fallstrick und Damokles-Schwert zugleich zu sein. Außerdem sehen beide Verbände durch die Weitergaberegelung im Gesetz einen unzulässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Wirtschaftspartner.

Für Frank Dangmann, den GWW und mit Sicherheit für die Werbeartikelwirtschaft insgesamt ist die Wahrung der Menschenrechte ein hohes Gut, das unterstreicht auch das PSI in diesem Zusammenhang. Das neue Gesetz aber, das Arbeitsminister Hubertus Heil als das „ambitionierteste in Europa und der Welt“ bezeichnete, löst nicht nur bei den Unternehmen der Werbeartikelwirtschaft Ängste aus. Die deutsche Wirtschaft befürchtet insgesamt (VW hat allein 40.000 Lieferanten) im europäischen und internationalen Wettbewerb erhebliche Nachteile durch diesen Alleingang der Bundesregierung. Weil das so ist, bittet auch das PSI seine Mitglieder, jeden politischen Kontakt zu nutzen und die Dringlichkeit des Anliegens deutlich zu machen. Der vorliegende Kabinettsentwurf soll schon im Mai den Bundestag passieren und zum Gesetz werden – Eile ist also geboten.

Aus diesem Grund hat der BGA, in dem auch der Gesamtverband organisiert ist, ein Musteranschreiben entworfen. Marktteilnehmer können mit dem hier hinterlegten Dokument deren Volksvertreter kontaktieren und diesen ihre Sorgen bezüglich der drohenden administrativen Belastung erläutern. www.gww.de