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Wie die Inflation sich auf das Verbraucherverhalten auswirkt

Julia Bernert

Veröffentlicht am 17.07.2023

Trotz leicht sinkender Inflationsrate spüren die Verbraucher den Kaufkraftverlust weiterhin und schränken ihren Konsum ein. Vom veränderten Verbraucherverhalten profitieren die Handelsmarken – möglicherweise ist dies auch eine Chance für die Werbeartikelwirtschaft. Ein Überblick und Ausblick – erschienen in der Juli-Ausgabe des PSI Journals.

Erst Ende Mai war klar, dass in Deutschland die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen rückläufig war. Deutschland ist demnach also in die Rezession gerutscht. Die zwar leicht gesunkene, aber immer noch hohe Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft aus, der sinkende Konsum wiederum hemmt die Wirtschaftsentwicklung. Eine Folge dieser Situation: Die Verbraucher passen ihr Konsumverhalten an die sich verändernden Rahmenbedingungen an, was in Nachfrageverschiebungen sichtbar wird.

Skeptischer Blick auf den Sommer

Mit dem ifo-Geschäftsklima-Index ist ein aussagekräftiger Indikator für die Wirtschaftsentwicklung im Mai erstmals nach sechs Anstiegen wieder gefallen (auf 91,7 nach 93,4 Punkten im April). Die Kennzahl, basierend auf einer Umfrage von über 9000 Magern, weist darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft weniger zufrieden mit ihren Geschäften ist und eher skeptisch auf den Sommer blickt.

Über die Ursachen sind sich die Experten einig: Die Zinserhöhungen senken die Nachfrage, die Auftragseingänge der Industrie sind rückläufig. In China und den USA etwa schwächt sich das Wachstum ab. Hinzu kommen weiterhin vergleichsweise hohe Inflationsraten und die restriktive Geldpolitik. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert, dass Deutschlands Wirtschaft im laufenden Jahr zwar nicht schrumpfen wird, erwartet jedoch auch kein dynamisches Wachstum – auch nicht für die kommenden Jahre.

Positive Tendenzen erkennbar

Es gibt jedoch auch gute Nachrichten: Die Lieferkettenprobleme und damit verbundene Materialengpässe gehen zurück, die Energiekosten sinken leicht. Dennoch wirken die hohen Energiepreise des Winters noch nach, auch wenn der befürchtete Gasmangel ausgeblieben ist.

Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im Mai so langsam gestiegen wie seit über einem Jahr nicht mehr. Die Inflation in Deutschland hat sich im Mai deutlich abgeschwächt. Die Rate fiel auf 6,1 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit März 2022. Die Teuerungsrate bleibt damit den dritten Monat in Folge rückläufig. Im April lag diese noch bei 7,2 Prozent. Verantwortlich für diesen erneut leichten Rückgang (März: +7,4 Prozent; Februar: +8,7 Prozent) war ein nachlassender Preisdruck bei Nahrungsmitteln, die mit +17,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zwar weiterhin eine hohe, aber im Vergleich zum März (-0,8 Prozent) rückläufige Steigerung verzeichneten.

Die Energiepreise sind im April gegenüber dem Vorjahresmonat mit +6,8 Prozent zwar stärker gestiegen als im Vormonat (+3,5 Prozent), liegen aber erneut unterhalb der Veränderung der Gesamtrate. Sinkende Benzinpreise und der Start des 49-Euro-Tickets wirken sich ebenfalls positiv aus.

Handelsmarken im Aufwind

Dennoch ist der Kaufkraftverlust so hoch, dass Verbraucher ihre Konsumausgaben einschränken. Besonders gespart wird bei Nahrungsmitteln und Getränken, aber auch für Bekleidung, Schuhe sowie für Einrichtungsgegenstände geben die privaten Haushalte weniger aus. Die anhaltend hohe Inflation bewegt immer mehr Verbraucher zum Kauf von Eigenmarkenprodukten.

62 Prozent der Deutschen geben an, auf die steigenden Preise durch den verstärkten Kauf von Handels- anstelle von Herstellermarken zu reagieren – acht Prozentpunkte mehr im Vergleich zum Vorjahr (54 Prozent). Das zeigt der „Handelsmarkenmonitor 2023“, den das Marktforschungsunternehmen Ipsos seit 2015 in Kooperation mit der Lebensmittel Zeitung durchführt. In Zeiten der Inflation landen Handelsmarken laut Studie bei nahezu jedem Verbraucher (95 Prozent) im Einkaufswagen. Für die Hälfte der Konsumenten (46 Prozent) ist ein gutes Angebot an Handelsmarken inzwischen ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Händlers.

Größere Bedeutung von Sonderangeboten

86 Prozent der Befragten haben das Gefühl, beim Lebensmitteleinkauf momentan deutlich weniger für ihr Geld zu bekommen als noch vor einem Jahr. Die steigenden Preise machen in der Wahrnehmung der Verbraucher aber auch vor Handelsmarken keinen Halt. Zwar nehmen immer noch mehr als die Hälfte der Befragten Produkte von Eigenmarken als preisgünstig wahr, allerdings nimmt dieser Wert stetig ab. Die Mehrheit der Käufer befürchtet sogar Qualitätsminderungen sowohl bei Markenprodukten als auch bei Handelsmarken, um Preise halten zu können.

Acht von zehn Konsumenten achten laut eigener Aussage heute stärker auf Sonderangebote, beinahe ebenso viele suchen sogar gezielt danach. 72 Prozent der Befragten bevorraten sich sogar, wenn sie Sonderangebote entdecken. Danach gefragt, auf welche Produkte man aufgrund der steigenden Preise am ehesten verzichten könne, werden am häufigsten Genussgüter wie Tiefkühlpizza, Spirituosen oder Schokolade genannt. Am wenigsten Bereitschaft zum Verzicht besteht bei Produkten des täglichen Bedarfs wie beispielsweise Obst und Gemüse, Kaffee oder Toilettenpapier.

Handelsmarken holen bei Nachhaltigkeit auf

Herstellermarken wird in Bezug auf Nachhaltigkeit weiterhin mehr Vertrauen geschenkt als Handelsmarken. 13 Prozent der Verbraucher verbinden das Attribut „nachhaltig“ stärker mit Herstellermarken als mit Handelsmarken. Eine Mehrheit (53 Prozent) sieht jedoch in puncto Nachhaltigkeit keinen Unterschied mehr zwischen den beiden Kategorien. Auch der Anteil derjenigen, die Handelsmarken bei Themen wie Tierwohl, Artenschutz, Verpackung und Zuckerreduktion inzwischen sogar vorne sehen, steigt. Auffällig ist zudem, dass Bio-Siegel und die Regionalität von Produkten vor allem Personen mit höherem Einkommen besonders wichtig sind. Ebenso wie jüngere Konsumenten (18 bis 39 Jahre) sind sie eher als andere Zielgruppen dazu bereit, mehr Geld für regionale und Bio-Produkte zu bezahlen.

Nachhaltigkeitstrend bei Verbrauchern rückläufig

Doch scheint das Thema Nachhaltig leicht rückläufig für den Verbraucher: Ließ sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen noch eine jährliche Steigerung der Relevanz von Regionalität, Bio-Produkten und nachhaltigen Verpackungen beobachten, setzt sich dieser Trend 2023 nicht mehr fort. Inzwischen ist es nur noch jedem zweiten deutschen Verbraucher (52 Prozent) ein wichtiges Anliegen, dass Lebensmittel nachhaltig und ethisch produziert werden. Im Vorjahr waren es 58 Prozent. Nur noch 42 Prozent der Konsumenten sind dazu bereit, mehr für nachhaltig und ethisch produzierte Lebensmittel zu zahlen – sieben Prozentpunkte weniger als im Jahr zuvor. Wer auf Bio und Nachhaltigkeit Wert legt, setzt nun mehr auf Handelsmarken und Sonderangebote oder geht in Discountern einkaufen, um Geld zu sparen.

Chance für Werbeartikel

Auch wenn wir aus der Branche immer wieder hören, dass sich die Industrie zurzeit im Umgang mit Werbung schwertut, dass Budgets keiner werden und die Entscheidungsprozesse langwierig sind und nicht selten enttäuschend enden, so könnten die Erkenntnisse aus der Handelsmarken-Studie dennoch auch der Werbeartikelbranche neue Impulse geben. Gerade bei höherwertigen Markenprodukten, vor allem im Nahrungs- und Genussmittelbereich, scheinen die Umsätze rückläufig zu sein – ein guter Grund für eine ausgefeilte Aktion mit passenden Artikeln.

Umgekehrt werden in heutigen Zeiten Produkte, die man sich aus Spargründen am ehesten versagt, sicher auch als Werbeartikel besonders geschätzt und entfalten nachhaltige Wirkung. Dies könnte eine Chance bedeuten für alle Lieferanten, die Kulinarisches, Genuss- und im weitesten Sinne Luxusartikel anbieten. Grundsätzlich dürfte der Einzelhandel derzeit mehr als bisher auf Sonderangebote und Aktionen angewiesen sein, die entsprechend beworben werden müssen.

Über die Studie

Seit 2015 führen die Lebensmittel Zeitung und das Marktforschungsinstitut Ipsos jährlich eine Studie durch, die die Sicht der Verbraucher auf die Handelsmarken darstellt. Für die aktuelle, repräsentative Untersuchung wurden Ende März 2023 insgesamt 1.000 Online-Interviews mit haushaltsführenden Personen ab 18 Jahren in Deutschland geführt. Ipsos ist eines der größten Markt- und Meinungsforschungsunternehmen der Welt mit mehr als 18.000 Mitarbeitenden und starker Präsenz in 90 Ländern.

Quellen: 
www.destatis.de
www.bmwk.de
www.ifo.de
www.imf.org
www.tagesschau.de
www.faz.de
www.ipsos.com