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PSI entfernt Zertifikate zu Klimaneutralität aus Datenbank

Redaktion PSI Journal

Veröffentlicht am 21.11.2024

Der Begriff „klimaneutral“ ist seit langem umstritten und wird von den neuen EU-Vorschriften streng geregelt. Die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ in der Werbung wird in einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BHG) vom 27. Juni 2024 (AZI ZR 98/23) strenger reglementiert. Demnach dürfen Unternehmen ihre Produkte nicht als klimaneutral bewerben, wenn sie deren klimaneutrale Herstellung nicht nachweisen können. In der Werbung selbst muss klar angegeben werden, ob die Klimaneutralität durch tatsächliche CO2-Reduktion im Produktionsprozess oder lediglich durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird. Das Oberlandesgericht Frankfurt untersagte bereits Ende 2022 einem Unternehmen die Werbung mit dem Logo „Klimaneutral Unternehmen“ von ClimatePartner, da nicht alle relevanten Emissionen in die Bewertung einbezogen wurden.

In der Konsequenz hat PSI in KW 48 folgende Zertifikate aus der Product Finder Datenbank, den Produkteinträgen und dem Supplier Finder: Klimaneutral Produkt (ClimatePartner) / Climate neutral product (ClimatePartner) und Klimaneutral Druckprodukt (ClimatePartner) / Climate neutral print product (ClimatePartner) entfernt.

PSI empfiehlt Lieferanten, ihre Produktbeschreibungen zu überprüfen und ggf. entsprechende Vermerke zu entfernen oder die Texte anzupassen. Unternehmen dürfen den Begriff „klimaneutral“ nur verwenden, wenn sie transparent und direkt in der Werbung nachweisen können, wie die Klimaneutralität erreicht wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Werbung als irreführend eingestuft und rechtlich untersagt wird.

Zum Hintergrund:

Neue EU-Verbrauchervorschriften

Am 27. März 2024 traten neue EU-Verbrauchervorschriften in Kraft, die irreführendes Greenwashing und falsche Produktaussagen verbieten. Unternehmen können demnach nicht mehr behaupten, dass sie etwa klimaneutral oder umweltfreundlich sind, wenn sie es nicht nachweisen können. Verboten ist laut EU-Verbrauchervorschriften der Einsatz von Nachhaltigkeitssiegeln, die nicht auf anerkannten Zertifizierungssystemen basieren oder von Behörden festgelegt wurden.

Hierzu gehören auch Siegel, die Klimaneutraliät belegen sollen, etwa solche von Projektanbietern wie ClimatePartner. Derzeit gibt es europaweit mehr als 200 verschiedene Umweltlabel, die jeweils auf unterschiedlichen Methoden beruhen. Die Siegel sind bislang nicht unbedingt vergleichbar und es lässt sich oft nicht nachprüfen, wie umweltfreundlich Produkte tatsächlich sind.

Begriff nicht gesetzlich geschützt

Der Begriff „klimaneutral“ auf Produkten ist nicht gesetzlich geschützt. Er signalisiert nur, dass ein Unternehmen für dieses Produkt Ausgleichszahlungen tätigt. Die Bedingungen für diese Ausgleichszahlungen sind nicht normiert oder vorgeschrieben. Es kann sowohl der ganze Lebensweg des Produktes oder aber nur der Herstellungsprozess im Unternehmen berücksichtigt worden sein. Zudem erlaubt der Begriff weder eine Aussage darüber, ob sich das Unternehmen um eine Reduktion anderer Umweltbelastungen bemüht (etwa Gewässerbelastungen) oder ob das Produkt selbst umweltfreundlich ist (beispielsweise energieeffizient in der Nutzung). Fehlende Transparenz ist hier das Stichwort, unter dem man einige der Kritikpunkte zusammenfassen kann.

Anpassungen bei ClimatePartner

Das Unternehmen ClimatePartner, das weltweit Klimaschutzprojekte anbietet und auch als CO2-Zertifikatshändler fungiert, hat inzwischen den Begriff klimaneutral aus dem Zertifikat herausgenommen. Das neue Klimaschutz-Label des Beratungsunternehmens heißt nun „ClimatePartner-zertifiziert“. Die neue Wortmarke ist mit viel Informationen hinterlegt, denn sie verweist per Link oder QR-Code auf eine individuelle Climate-ID-Website, über die man das Klimaschutzengagement eines Unternehmens oder Produkts nachvollziehen kann. Man kann etwa sehen, welche Reduktionen bereits umgesetzt wurden und welche Ziele das Unternehmen außerdem verfolgt, um langfristigen Klimaschutz zu leisten. Damit rückt ClimatePartner wieder die Reduktion und Vermeidung von Emissionen als Hauptziel ganzheitlichen Klimaschutzes in den Fokus, die Kompensation unvermeidbarer Emissionen mittels Ausgleichszahlungen dagegen kommt erst an zweiter Stelle. Insofern schlägt sich in dem neuen Zertifikat die gesetzlich geforderte Nachweisbarkeit von Klimaschutz-Maßnahmen nieder.

Aktuelle Rechtsgrundlagen

Die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel „Empowering Consumers for the Green Transition“ (ECGT) verbietet Greenwashing und ergänzt die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UCPD). Sie soll sicherstellen, dass kommunizierte Informationen stimmen und so dargestellt werden, dass Verbraucher sie richtig verstehen. Verboten werden generische Umweltaussagen und andere irreführende umweltbezogene Produktinformationen sowie nicht zertifizierte Nachhaltigkeitssiegel.   Die Green Claims Directive (GCD) spezifiziert die ECGT. Umweltbezogene Werbeaussagen sollen zum Beispiel wissenschaftlich belegt und vorab von einer unabhängigen Stelle geprüft werden. Dabei muss auch der Lebenszyklus eines Produktes berücksichtigt werden, also von der Produktion bis zur Entsorgung. Betroffen sind Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz über zwei Millionen Euro, die in der EU produzieren oder Produkte dort verkaufen wollen.

Bild: Stock Adobe