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Aus dem PSI Forum: Produktpiraterie in der Werbeartikelbranche

Julia Bernert

Veröffentlicht am 14.05.2024

Alles nur geklaut? Einen spannenden Vortrag hielt Christine Lacroix, Geschäftsleiterin und Pressesprecherin von Aktion Plagiarius e.V., bei der PSI 2024 über erfolgreiche Maßnahmen im Kampf gegen Plagiate. Im Interview fasst sie die wesentlichen Learnings zusammen.

Sie arbeiten für die Aktion Plagiarius e.V. – was hat es damit auf sich?

Christine Lacroix:Ziel der Aktion Plagiarius ist es, die fragwürdigen, und teils kriminellen Geschäftsmethoden von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, und Wirtschaft, Politik, und Verbraucher praxisnah für die Problematik zu sensibilisieren. Unser Negativ-Preis „Plagiarius“ wird bereits seit 1977 jährlich medienwirksam an Hersteller und Händler besonders dreister Plagiate und Fälschungen verliehen. Die ‚Plagiarius‘-Trophäe ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase – als Symbol für die immensen Profite, die ideenlose Nachahmer sprichwörtlich auf Kosten von Kreativen und der Industrie erwirtschaften. Unser Museum Plagiarius in Solingen zeigt mehr als 350 Plagiarius-Preisträger der unterschiedlichsten Branchen – jeweils Originalprodukt und Plagiat im direkten Vergleich.

Warum haben Sie auf der PSI über Plagiat-Prävention gesprochen?

Christine Lacroix:Die Werbeartikelbranche ist seit Jahren stark von Plagiaten betroffen, das haben wir mit unserer Plagiarius-Ausstellung bereits mehrfach auf der PSI deutlich gezeigt. Das Unrechtsbewusstsein in Bezug auf den Diebstahl geistigen Eigentums scheint bei einigen Teilnehmern der Branche – auch aus Deutschland und Europa – sehr gering. Dabei sind Produkt- und Markenpiraterie absolut kein harmloses Kavaliersdelikt. Selbstverständlich ist es sinnvoll, sich bei der Entwicklung neuer Produkte von bereits existierenden Lösungen inspirieren zu lassen, aber plumper 1:1 Designklau, der zu Täuschungs- und Verwechslungsgefahr führt, ist unfair und nicht akzeptabel. Wir möchten die Kreativen schützen und die Täter zum Umdenken anregen.

Wie war die Resonanz?

Christine Lacroix:Der Vortrag ist mit großem Interesse aufgenommen worden. Wir gestalten diesen immer sehr praxisnah mit vielen Beispielen. Uns freut es, wenn wir Bewusstsein für die Thematik schaffen und Kreativen wertvolle Tipps zum Schutz ihrer Produktneuheiten mit an die Hand geben können. Keiner möchte gern plump kopiert werden, entsprechend sollte man auch die Ideen anderer respektieren.

Nehmen Marken- und Produkt-Piraterie gegenwärtig zu? Wenn ja: in welchen Bereichen?

Christine Lacroix:Ja, definitiv. Faktoren wie Globalisierung, Digitalisierung und eine zunehmende Preisfokussierung begünstigen die seit Jahren anhaltende explosionsartige Ausbreitung von Produkt- und Markenpiraterie. Betroffen sind heutzutage alle Branchen bis hin zu technischen Maschinen und Geräten. Gefälschte Bekleidung, Kosmetika, Unterhaltungselektronik, Zigaretten und Kinderspielzeug werden besonders häufig vom Zoll beschlagnahmt.

Wie kann man sich als Unternehmer gegen Plagiate schützen? Bitte nennen Sie die drei wichtigsten und effektivsten Abwehrmaßnahmen.

Christine Lacroix:Zunächst die Eintragung und Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte – sonst gilt Nachahmungsfreit und die Möglichkeiten, Nachahmer zur Rechenschaft ziehen zu können, sind gering. Dann empfehle ich, einen Grenzbeschlagnahmeantrag beim Zoll zu stellen, damit rechtsverletzende Waren bereits an den Außengrenzen aus dem Verkehr gezogen werden können. Und zu guter Letzt: Seine Märkte und Mitbewerber im Blick behalten, insbesondere auch auf Messen und online.

Welche gewerblichen Schutzrechte sollte man kennen?

Christine Lacroix: „Kreativen und Unternehmern empfehle ich dringend die Auseinandersetzung mit folgenden vier Schutzrechten. An erste Stelle sicherlich die Marke, denn sie kennzeichnet eindeutig den Hersteller oder ein bestimmtes Produkt. An zweiter Stelle folgt das Design, das besonders bei Werbeartikeln eine große Rolle spielt. Immerhin verschenkt niemand unattraktive Produkte… Es gibt ‚das Design‘ übrigens auch als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das EU-weit für maximal drei Jahre gilt. Als Drittes sind Patent oder Gebrauchsmuster wichtig – allerdings ’nur‘ für neue technische Lösungen. Zu guter Letzt gibt es das Urheberrecht. Es schützt u.a. Texte, Grafiken und Fotos. Hier ist keine Eintragung nötig – es gilt aber bis auf wenige Ausnahmen nicht für Produkte.“

Wie können Händler Plagiate erkennen? Und wie können Händler reagieren, wenn sie den Verdacht hegen, ein Plagiat im Sortiment zu haben?

Christine Lacroix:Händler sollten mit viel Sorgfalt ihre Lieferanten und ihr Sortiment auswählen. Im Internet tummeln sich viele schwarze Schafe. Wenn man über einen Anbieter keinerlei Informationen findet, dann hat er ggfs. etwas zu verbergen. Und natürlich sollten Händler ihre wichtigsten Märkte gut beobachten. Welche Trends gibt es, welcher Mitbewerber bietet welche Produkte an? Unterscheiden sich die eigenen Produkte ausreichend? Weitere Fragen, die Aufschluss geben können: Wie ist die Qualität des Produktes? Riecht das Produkt stark nach Chemie? Fehlen ordentliche Produktverpackungen und Bedienungsanleitungen in deutscher Sprache? Der Handel von rechtsverletzenden Produkten ist strafbar, man sollte das Produkt aus dem Sortiment nehmen und den Sachverhalt prüfen, z.B. über eine Bildersuche in den Datenbanken vom Deutschen Patent- und Markenamt.