Florence Mosnier meint: Eigene Legitimität muss nicht bewiesen werden. Es genügt, ihr gerecht zu werden
Veröffentlicht am 19.06.2024
Mut zur Meinung – das ist das Motto von Florence Mosnier. Wir sprachen mit der IPPAG Geschäftsführerin über die eigene Legitimität, Intuition und die Fähigkeit, zuzuhören um: zuzuhören.
Florence, was machen Sie beruflich?
Florence Mosnier: „Ich bin seit 15 Jahren Geschäftsführerin der IPPAG, ein Kollektiv, das sich aus marktführenden Werbeartikel-Großhändler:innen und -Vertreiber:innen aus der ganzen Welt zusammensetzt. Ich koordiniere den Austausch zwischen unseren verschiedenen Gruppen, arbeite mit dem Vorstand an der Festlegung gemeinsamer Ziele und setze mich eng mit unseren Mitgliedern und Partner:innen für deren Erreichung ein.“
Was verstehen Sie unter Führungskompetenz?
Florence Mosnier: „Unser Führungsmotto, dem sowohl unsere Mitglieder als auch ich folgen, lautet: ‚Ein wahrer Führer ist jemand, der den Weg kennt, den Weg geht und den Weg zeigt‘ – ein Zitat von John C. Maxwell. Ich denke, das sagt alles…“
Was ist der beste berufliche Ratschlag, den Sie je erhalten haben?
Florence Mosnier: „Sehen Sie Ihre wesentlichen Eigenschaften nicht als negativ oder nachteilig an, nur weil sie nicht der Norm entsprechen oder nicht dem entsprechen, was andere Leute für ‚richtig‘ halten. Zum Beispiel: Ich bin nicht die Beste, wenn es darum geht, vorauszuplanen. Ich arbeite oft auf den letzten Drücker, nutze meine Intuition, improvisiere und handle schnell. Ein Mentor sagte mir einmal, dass genau das meine Stärke ist und sogar eine besondere Fähigkeit!
Also anstatt sich ständig darüber zu ärgern, was Sie nicht ‚richtig‘ machen, sollten Sie Ihre individuellen Eigenschaften dafür schätzen, dass sie Sie dorthin gebracht haben, wo Sie jetzt sind.
Außerdem, einfach und anwendbar: zuhören, um zuzuhören, statt zu antworten.“
Komfortzone oder Gefahrenzone – wo fühlen Sie sich wohler?
Florence Mosnier: „Definitiv in meiner Komfortzone! Gleichzeitig habe ich in den letzten Jahren gelernt, dass vieles von dem, was man sowohl privat als auch beruflich erreichen möchte, über die eigenen Grenzen hinausgeht. Daher denke ich, dass man sich regelmäßig selbst herausfordern und an die eigenen Grenzen gehen ‚muss‘. Wer nie die Danger Zone betritt, läuft Gefahr, in einer Blase zu landen.“
Aus Ihrer Sicht: Worauf sollten Frauen bei ihrer Karriereplanung achten, um sich auf eine Spitzenposition vorzubereiten?
Florence Mosnier: „Ich denke, es ist wichtig, keine Angst zu haben und seine Meinung zu sagen. Es gibt einen Grund dafür, dass man in einem Meeting sitzt oder in einem Artikel gefeatured wird. Die Legitimität ist bereits gegeben: Man muss sie nicht beweisen, man muss ihr nur gerecht werden. Und um das zu tun, muss man seine Meinung sagen, bei Bedarf Druck machen, aber auch wissen, wann man aufhören muss. Ich war sehr oft die einzige Frau oder die jüngste Person am Tisch. Mein Rat: Fordern Sie Ihren Platz ein.“
Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie auf Ihre bisherige Karriere zurückblicken?
Florence Mosnier: „Der Höhepunkt meiner Arbeit bei IPPAG ist, Mitglieder und Partner:innen zusammenzubringen. Das ist mir im Laufe der Jahre an großartigen Orten gelungen, zuletzt in Indien, Polen und Guatemala. Das ist jedes Mal eine Gelegenheit, die Messlatte höher zu legen und jedes noch so kleine Erlebnis für unsere Teilnehmenden zu kuratieren, um etwas wirklich Einzigartiges und Unvergessliches zu schaffen.
Es macht mich stolz zu sehen, wie unsere Gespräche, Interaktionen, Gedanken und Emotionen die Teilnehmenden über die eigentliche Veranstaltung hinaus beeinflussen. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die auch Jahre später noch Relevanz haben. Das zeigt mir, dass ich meine Arbeit gut gemacht habe.“
Haben Sie ein Talentproblem? Wenn ja, welche Herausforderungen sehen Sie bei der Personalbeschaffung und der Mitarbeiterbindung?
Florence Mosnier: „Viele Inhaber von IPPAG-Unternehmen haben Schwierigkeiten, jüngere Mitarbeiter zu rekrutieren. Außerdem gibt es seit Langem eine Debatte über das Recruiting von Brancheneisteiger:innen. In Bezug auf Nachhaltigkeit haben wir das Glück, dass den Menschen in allen Ländern das Thema persönlich am Herzen liegt, denen aber oft das komplexe technische Wissen fehlt, um es anzugehen. Das ist eine große Herausforderung. Hier sehen wir eine Lücke, und deshalb bemühen wir uns, sie zu schließen. Es ist eine Lernkurve für alle, auf allen Ebenen innerhalb unserer Mitgliedsunternehmen.“
Stichwort New Work: Lassen Sie uns über digitales und ortsunabhängiges Arbeiten, Jobsharing, Mentoring und Work-Life-Balance bei IPPAG im Speziellen sprechen…
Florence Mosnier: „In einer Organisation wie unserer ist eine ortsunabhängige, dezentrale Zusammenarbeit von Natur aus sehr vorteilhaft. Schon damals arbeiteten die Mitglieder aus der Ferne und kommunizierten per Fax über Länder und Regionen hinweg. Heute haben wir den Vorteil, über großartige Tools zu verfügen, die all dies möglich und einfach machen.
Wir haben unseren Hauptsitz in der Schweiz, ich komme ursprünglich aus UK, lebe aber in Frankreich, und meine beiden engsten Arbeitskollegen befinden sich auf Mauritius und in Dänemark. Zudem ist mein Vorstand über Guatemala, die Niederlande, Polen, die Schweiz und die USA verteilt.
Aber egal wie großartig unsere Sharing-Plattformen und Kollaborationstools auch sind: nie bin ich glücklicher, als wenn meine Mitarbeitenden physisch im selben Raum wie ich sind. Das ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit! Ich bin als Coach und Workshop-Moderatorin ausgebildet und hier liegt für mich das Potenzial Synergien zu schaffen.
Über die Jahre habe ich persönlich eine sehr gutes Gleichgewicht gefunden. Ich freue mich über Zeiten, in denen ich nach Belieben aus der Ferne arbeiten kann und trotzdem in engem Kontakt mit meinen wichtigsten Kolleg:innen stehe. Es ist eine Kombination aus wirklich intensiven Momenten, in denen alle paar Monate alle zusammenkommen.“
Was motiviert Sie jeden Tag?
Florence Mosnier: „Eine langfristige Perspektive zu haben. Manchmal scheint es, als ob die Dinge sehr langsam vorankommen oder gar feststecken. Aber wenn ich zurückblicke und eine gewisse Distanz einnehme, sehe ich, wie weit wir gekommen sind, und – was noch wichtiger ist – daran zu glauben, dass es noch weiter gehen kann: Das motiviert mich.
Unabhängig davon liebe ich die Möglichkeit bei IPPAG mit Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern und Kulturen in Kontakt zu kommen. Das war für mich immer sehr wertvoll. Für mich ist es wichtig zu erfahren, dass meine Weltanschauung nicht repräsentativ ist und dass ich hier bin, um eine gemeinsame Weltanschauung zu schaffen und zu fördern.“