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Wenn Papier auf der Wiese wächst

Dominique Schroller

Veröffentlicht am 09.03.2020

Gras könnte langfristig den Primärfaserstoff Holz ersetzen. Das würde die Ökobilanz verbessern. CREAPAPER feilt an Produkten und Prozessen. 

Das nordrhein-westfälische Unternehmen CREAPAPER hat eine Vision: Mit der Entwicklung und Nutzung von Graspapier international einen möglichst hohen ökologischen Effekt zu erzielen. Die Firma arbeitet intensiv daran, den Ressourceneinsatz für die Jahrtausende alte Tradition des Papiermachens entscheidend zu verändern und Gras neben Zellstoff und Altpapier zum drittwichtigsten Rohstoff der Papierherstellung weltweit zu machen. 

Ganz ohne Holz geht es aktuell allerdings noch nicht. Im Graspapier sind zurzeit noch mindestens 50 Prozent Frischfasern aus Holz enthalten. Trotzdem weist das finale Produkt eine beeindruckende Ökobilanz auf. Zur Herstellung einer Tonne Grasfasern sind nur zwei Liter Wasser nötig. Im Vergleich dazu verbraucht die Aufbereitung des Holzzellstoffs 6.000 Liter pro Tonne. Dazu kommt der Einsatz von Chemikalien, die für den Prozess unerlässlich sind. Die Aufbereitung von Grasfasern erfolgt dagegen rein mechanisch und kommt ohne Chemie aus. CREAPAPER spart in der Rohstofferstellung insgesamt rund 75 Prozent Co2-Emissionen ein. Neben dem ökologischen Aspekt ist der Rohstoff Gras deutlich günstiger als Zellstoff aus Holz. Das Gras wird getrocknet, geschnitten, gemahlen und dann zu Pellets verarbeitet. Diese lassen sich anschließend als Rohstoff in der industriellen Papierherstellung einsetzen und entweder mit Holzzellstoff oder Altpapier verarbeiten.

Graspapier eignet sich zum Beispiel zur Herstellung von Nahrungsmittel-, Kosmetik- & Drogerieartikel-Verpackungen. Es ist aber auch in der grafischen Industrie einsetzbar. Etiketten, Aufsteller, Visitenkarten oder Broschüren lassen sich im Digital- und im Offset-Verfahren gut bedrucken. Neben Großmengen und Rollenproduktionen ist es in Flächengewichten von 70 g/qm bis 300 g/qm im Bogenformat 70 x 100 cm verfügbar. Es zeichnet sich durch eine besondere, leicht raue Haptik und eine cremefarbene bis helle grünliche Tönung aus. Graspapier ist recyclingfähig, kompostierbar und ist für den Einsatz in der Papier- und Verpackungsindustrie zertifiziert und zugelassen. Pelletierte Grasfasern lassen sich ohne Modifikationen oder Zusatzaggregate direkt von der Papierindustrie auf vorhandenen Maschinen verarbeiten. 

Aktuell ist die Beschaffung ausreichender Mengen Heu das entscheidende Thema. Da das Unternehmen die Grasfasern aus Heu produziert, ist es witterungsunabhängig und kann ganzjährig den Rohstoff zur Verfügung stellen. Derzeit sind die Kapazitäten auf 100.000 Jahrestonnen Graspapier ausgerichtet und werden zum Herbst 2020 um weitere 70.000 Jahrestonnen erhöht. EU-Fördermittel machen CREAPAPER künftig mobil, sodass sich die Rohstoffherstellung teilweise von der Fabrik aufs Feld verlegen lässt.

Über seine Rolle als Rohstofflieferant für die Papierindustrie hinaus, versteht sich CREAPAPER auch als Partner für Agenturen und Marken. In der hauseigenen Grafikabteilung unterstützt das Unternehmen die Herstellung von Printprodukten nach Vorgabe ebenso wie die Entwicklung neuer Ideen und Designs. Ein Schwerpunkt liegt in der Herstellung von Mailingverstärkern. Hier gehören neben Graspapier weitere kreative Lösungen zum Portfolio. In einem Produkt sind zum Beispiel keimfähige Samen verarbeitet. Um Werbebotschaften im richtigen Stil aufblühen zu lassen, stehen mehr als 130 verschiedenen Pflanzenarten als Saatgut – auch in Bio-Qualität und kaschiert zwischen zwei Lagen Papier – zur Verfügung. Ein einfaches Mailing entfaltet, von Erde bedeckt und gewässert, dann im Zweitnutzen seine Blütenpracht und bleibt beim Empfänger in positiver Erinnerung. 

 Bilder:
Aniket Bhattacharya unsplash.com (Gras) & Creapaper